Hausmagazin

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Denkmalschutz und Baukosten – Weniger tun muss nicht teurer sein

TEO RIGAS

2019

Aus alt mach neu! Was so einfach klingt, ist üblicherweise ein Weg mit vielen Stolperfallen – aber auch einem erstrebenswerten Ziel. Trotzdem scheuen viele Bauherren, diesen Weg überhaupt erst in Angriff zu nehmen. Eine unvoreingenommene Analyse der konkreten Situation unter Berücksichtigung aller materiellen und immateriellen Renditemöglichkeiten kann hilfreich sein, meint der ehemalige Ortsbildpfleger des Kantons Aargau, Teo Rigas.

Die Furcht vor dem Denkmalschutz

Viele Hausbesitzer, Bauherren und Investoren fürchten sich vor dem Denkmalschutz. Wer ein historisches Gebäude kauft oder bereits besitzt, fühlt sich oft von der kantonalen Denkmalpflege bevormundet. Das einfache und weit verbreitete Renditedenken der Ökonomen, Immobilienentwickler und Banken ist nicht ohne weiteres kompatibel mit Schutzobjekten. Je nach Zustand und Eingriffstiefe können Investitionen bei denkmalgeschützten Objekten stark variieren. Datenbanken mit Quadratmeter- oder Kubikmeter-Preisen existieren kaum, und Know-how befindet sich meist bei spezialisierten Planern. Das und weitere Faktoren entmutigen Bauwillige. Das ist auch ein Grund, weshalb wir beim gegenwärtigen Siedlungs- und Verdichtungsdruck Schutzobjekten nicht die nötige Beachtung schenken und diese zunehmend verdrängen und abreissen. Vergliche man Bauten mit Automobilen, könnten man durchaus Parallelen erkennen. In die Jahre gekommene, gut erhaltene und gleichzeitig speziell gut gestaltete Automobile können in den Adelsstand der Oldtimer aufsteigen. Solche in den Adelsstand gehobene Motorkraftfahrzeuge stehen nicht mehr in der Relevanz des Realwertes welcher, wie wir alle wissen, rasch an Wert verliert. Oldtimer sind seltene und spezielle Fahrzeuge mit einem ideell gewordenen Wert, einem Liebhaberwert. Der Liebhaberwert übersteigt den Realwert um ein Vielfaches und unterliegt zudem eigenen Regeln. Je seltener und spezieller ein Oldtimer, desto höher sein Preis. Denkmalgeschützte Immobilien müssten also gleich betrachtet werden. Ihr Liebhaberwert würde wie bei Oldtimern höher als ihr effektiver Realwert liegen. Das macht sie attraktiv.

Werterhaltende oder wertvermehrende Baumassnahmen

Diese Betrachtungsweise gilt es natürlich von Fall zu Fall zu relativieren. Die bauliche Eingriffstiefe ist je nach Zustand eines historischen Gebäudes zu ermitteln. Darüber hinaus muss von Anfang an entschieden werden, ob es sich bei den Eingriffen um werterhaltende oder wertvermehrende Eingriffe handelt. Bei werterhaltenden Massnahmen handelt es sich um rein kosmetische Eingriffe, welche bis zur installationstechnischen Modernisierung der Nasszellen und der Küche eines Altbaus gehen können. Dabei ist wesentlich, dass die Struktur, Böden, Wände und Decken nur in der Oberfläche beeinflusst werden, nicht in der Konstruktion. Wertvermehrende Massnahmen gehen indes viel weiter. Meist wird die Struktur konstruktiv beeinflusst. Dabei wird gleichzeitig eine energetische Sanierung vorgenommen. Die Baukosten können so ähnlich hoch ausfallen, wie wenn die Bauten neu entstanden wären. In den Oldtimern steckt der Grundgedanke der Originalität. Man vermeidet es, die Fahrzeuge markant zu modernisieren. Jedes defekte Detail wird der Marke entsprechend gesucht und ersetzt. Schäden an der Karosserie und am Motor werden typengetreu restauriert. Das Fahrgefühl bleibt bestehen, technische Neuerungen wie moderne Federungen oder Servolenkungen etc. werden nicht miteingebaut. Historische Bauten werden demgegenüber mit wertvermehrenden Massnahmen auf den neusten Stand der Technik gebracht. Ihr Ausbaustandard und die technische Modernisierung entsprechen dann jeweils den neusten Normen. Höhere Baukosten sind dabei von Investoren und Bauherrschaften in Kauf zu nehmen. Von Relevanz dabei sind unterstützende Beiträge der Kantonalen Denkmalpflege. Diese müssen rechtzeitig vor Planungs- und Baubeginn mit den jeweiligen Behörden abgeklärt werden. Teilweise werden bis zu 25 Prozent der Umbaukosten von der öffentlichen Hand subventioniert. Investoren und Bauherrschaften modernisieren historische Immobilien oft in Konkurrenz zu konventionellen Neubauten. Oft wird dabei vergessen, dass historische Bauten Menschen mit einer Affinität zu Altbauten anzieht. Es besteht also auch ein Markt für aussergewöhnliche Schutzbauten.

Mehrwert und Rendite

Im welchem Umfang ein historisches Gebäude umgebaut werden soll, hängt oft davon ab, ob der Altbau als Anlage (Mietobjekt) oder als Objekt im Eigentum realisiert werden soll. Durch die möglichen Mieteinnahmen, die Rendite, können die Investitionen und so der Umfang der baulichen Massnahmen definiert werden. Es empfiehlt sich, solche minim zu halten, so dass der Charakter, also der Ausdruck der Bauten mit samt seinen historischen Details möglichst originalgetreu erhalten bleibt. Bei Objekten im Eigentum muss die Eingriffstiefe höher sein. Die Rendite liegt bei solchen Objekten viel höher, so dass technische Eingriffe in die Struktur möglich werden. Aber auch hier muss der Ausdruck nach der Sanierung an die historische Herkunft der Baute möglichst detailgetreu sichtbar bleiben. Es ist also äusserst wichtig sich zuerst mit der Ökonomie auseinander zu setzen und sich Gedanken darüber machen, was das Objekt künftig zu leisten hat. Je nach Funktion und Klientel können die Kosten markant variieren.

Fazit

Historische und denkmalgeschützte Bauten sind spannende und herausfordernde Objekte. Sie sind nicht mit der gleichen Optik wie Neubauten zu betrachten. Sie müssen speziell geplant und realisiert werden. Es empfiehlt sich, dabei gute und in historischen Umbauten qualifizierte Planer und Unternehmer beizuziehen. Überdies ist eine enge Zusammenarbeit mit der Kantonalen Denkmalpflege von enormer Bedeutung. Diese kann nicht nur finanziell unterstützen, sie empfiehlt oftmals auch geeignete Planer und Unternehmer und berät Investoren und Bauherrschaften im Umgang mit der historischen Substanz. Wie sagte der bekannte Architekt Ludwig Mies van der Rohe einmal: «Less is more».

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